Blog #21: Über Geld spricht man nicht?
Von Philipp Bo Franke
Wie meine Kollegin beschrieben hat, ist es im Literaturbetrieb Standard‚ sich oftmals nach unten korrigieren zu müssen. Genau das wollen wir aber nicht. Frei nach dem Motto, dass das Ziel den Weg vorgibt, wollen wir die Realität nach oben korrigieren.

Zur Realität:
Die allermeisten unabhängigen Literaturzeitschriften sind ehrenamtlich geführte Projekte. Über Spenden und Verkauf bekommen sie die nötige Kohle für den Druck, die benötigte Infrastruktur (homepage, Konto, Mailpostfach) und vielleicht ein paar Taler als Dankeschön fürs Layout zusammen. Dass die Autor*innen bezahlt werden, ist fast wie das Bernsteinzimmer – gibt es, ist aber kaum zu finden. Josef Kirchner, unser Freund und Kollege von der Mosaik, hat 2016 einen Sammelband zu den Verhältnissen unabhängiger Literaturprojekte mit dem leider treffenden Titel „Idealismus und Kulturpräkariat“ herausgegeben. Unsere bisherige Wirklichkeit in Zahlen sieht so aus:
2.824,50 € Druck / 500 Stück → 5,37 € pro Stück
150,00 € Satz
200,00 € Layout
77,50 € Versand (Belegexemplare an Autor*innen und bisherige Förderabonnent*innen)
3.252,00 € pro Ausgabe oder 6,50 € pro Stück
Der aktuelle Verkaufspreis: 6,00 €. Dass das ein schlechter Witz von einem Businessplan ist und wir ein*e BWLer*in im Team gebrauchen könnten, wissen wir selber und unsere Tür dafür steht offen. Die geflossenen Euros für Satz und Layout sind in Anbetracht der dafür erbrachten Arbeitsstunden aber auch nicht mehr als ein schlechter Witz. Geld für Autorinnen, Künstlerinnen, die Arbeit der Redaktion und Herausgeber? Haha – leider nein, leider gar nicht.
Zur Vorstellung:
Abgesehen davon, dass die KLiteratur niemanden reich machen wird, wollen wir das auch gar nicht. Das von Anfang an erklärte Ziel ist aber, Autor*innen und Künstler*innen für ihre Arbeit honorieren zu können. 10 € pro Autor*in im Heft wären einerseits auch nur ein Witz und nicht mehr als ein Dankeschön – andererseits vielleicht ja ein Anfang. Träumen wir weiter und stellen uns vor, dass alle Literaturzeitschriften ihren Autor*innen 10 € pro Text zahlen können. Dann könnten sich diese hin und wieder doppelt Käse auf der Pizza leisten. Was das für eine Realität ist, wenn 10 € pro Text schon als Idealismus gelten, ist eine rhetorische Frage. Weil sich Fakten und Realität aber schaffen lassen, wollen wir uns mit dieser Ausgabe nach oben korrigieren. Das sieht dann so aus:
200,00 € Autor*innen → 10 € pro Text bei ca. 20 Autor*innen pro Heft (inkl. Redakteur*innen) 100,00 € Künstler*innen → 10 € pro Bild, das nicht von uns oder den Layouter*innen kommt
294,00 € Infrastruktur (Homepage, Kontoführung, Emailpostfach)
2.824,50 € Druck / 500 Stück → 5,37 € pro Stück
150,00 € Satz
200,00 € Layout
75,00 € Versand (Belegexemplare an Autor*innen und bisherige Förderabonnent*innen)
3.846,00 € pro Ausgabe oder 7,72 € pro Stück
Bei 2.330,75 € auf der Habenseite durch Verkauf und Förderabos 2020 (Danke an alle bisherigen Förderabonennt*innen!) macht das gerade mal eine Lücke von 5.386,25 €. Die KLiteratur soll aber nicht 10 €, auch nicht 7,72 €, sondern 6 € pro Heft kosten. Sie soll möglichst zugänglich bleiben. Auch das war und ist erklärtes Ziel und so viel Idealismus wollen wir uns leisten. Wenn wir weiterhin werbefrei bleiben wollen oder sollen, braucht es nicht viel, um die Realität nach oben zu korrigieren: Nur 107,7 Förderabos à 50 €, 153,9 Förderabos à 35 € oder 269,3 normale Abos à 20 €.
Also: An alle Freund*innen, Tanten und Onkels, Mütter und Väter, die glauben, die Arbeit an der KLiteratur oder hinter anderen unabhängigen Literaturprojekten würde mehr als Lob abwerfen und/oder an die, die ihr noch kein Abo habt: Gönnt euch und den Autor*innen eins, wenn ihr 20-50 € im Jahr frei habt. Das gilt auch für alle Ärzt*innen-Praxen und Cafés, die Lesestoff wollen, der sich lohnt. Und das gilt noch mehr für die ganzen Verlage, Verleger*innen, Schreibschulen, Literaturhäuser oder sonstigen Gatekeeper, die auf literarischen Nachwuchs angewiesen sind, um ihn irgendwann gewinnbringend für sich zu vermarkten: 20-50 € pro Jahr sind ein Witz. Falls es noch ein paar Kulturidealist*innen unter euch gibt: Macht ein Abo. Und falls euch dieses Heft nicht zusagt, nehmt einfach die Literaturzeitschrift eures Vertrauens, es gibt genug. Dann können wir uns vielleicht schon 2023 noch mehr Idealismus leisten und einen besseren Witz erzählen.
(Dies ist ein Text aus der aktuellen Ausgabe der KLiteratur, die ihr hier bestellen könnt. Zum Abo geht’s hier.)