Blog #14: Was hat die Pandemie mich gelehrt?

Von Zeynep Albaraz Gençer.

Chaotische, unbekannte und extraordinaere Situationen bieten den Leuten immer eine Lehre. Eine Person, die eine Krankheit, einen Bankrott, Auswanderung, Trennung erfaehrt oder eine Verwandte verliert, versucht im Morgengrauen “die Taille zu strecken“ und die Erfahrungen zu verdauen, nachdem sie den Boden des Spielfelds gesehen hat.

In der Quarantaene, die wir seit Monaten leben, haben Sie – wenn Sie keinen geliebten Menschen verloren haben – möglicherweise Zeit zum Nachdenken gewonnen und manche ‚Erleuchtungen’ erfahren, bevor die Stockdunkelheit anbricht.

Was hat die Pandemie mich gelehrt?

  • Dass im 14. Jahrhundert die Schiffe, die in Venedig anlegten, 40 Tage im Hafen gehalten wurden, um die Verbreitung der Spanischen Grippe zu verhindern. Und dass sich das Wort Quarantaene von ‘Quaranta’ ableitet, was Italienisch ist für ‘vierzig’.
  • Egal ob man Yoga auf dem grünen Gras macht, ein wirbelnder Derwisch/ein anbetender Buddhist oder ein ‘Fisch’ in einer Weinflasche ist; eine Person, die unglücklich ist, wird unter allen Umstaenden unglücklich sein.
  • Dass Sterben und der Verlust geliebter Menschen immer noch unsere grössten Ängste sind.
  • Dass die Leute, mit denen man das Haus teilt, dich zum Erfolg oder zum Scheitern führen können.
  • Dass Isaac Newton, waehrend der Quarantaenedauer seiner Zeit, Experimente mit reflektierenden Teleskopen und Schwerkraft entwickelte.
  • Dass ich seltsamerweise keine Maengel für die Dinge fühle, bei denen ich früher oft “Oh nein, ohne sie könnte ich keinen Tag verbringen” gesagt habe.
  • Dass ich Leute aus meinem Einflussbereich herausnehmen sollte, die ich waehrend dieser Zeit nicht kontaktiert und gar nicht verpasst hatte.
  • Dass es eine Schande ist zu meckern und sich darüber zu beschweren, zu Hause zu bleiben, waehrend viele Berufsgruppen für unsere Gesundheit, Komfort und sogar für unsere Luxus draussen arbeiten müssen.

Und woran wurde ich erinnert?

  • Dass ich meine Zeit ‘auf’ der Erde nicht mit Unsinn verschwenden sollte.
  • Was für ein richtiger Job es ist, meine Lieben zu umarmen, “als würden ihre Rippen knacken”
  • Wie gut es sich anfühlt, mit Bedürftigen teilen zu können, was ich habe.
  • Die Wichtigkeit lesen, beobachten und verstehen zu können.

Wir sind nicht in der “katastrophalsten Zeit” in der Geschichte der Menschheit. Wir dürfen das nur sagen, wenn die Ausserirdischen von ihren Planeten in unsere Welt kommen und unseren Lebensraum übernehmen.

Wenn wir im Jahre 1900 geboren würden, haetten wir unsere Verwandten wegen der spanische Grippe verloren oder würden als Zeugen des Ersten Weltkriegs leiden. Und dann als wir sagten “Alles klar jetzt, wir haben unsere Leben auf den Weg gebracht”, sollten wir in den zweiten Weltkrieg verwickelt werden.

Bedenkt bitte, wie vor vielen Jahrhunderten die Leute wegen der Pest gestorben sind, weil keine geeignete Medizin existierte. Während die Welt und Menschen zusammenleben, werden solche Katastrophen immer passieren.

Es ist Unsinn, sich immer Mühe zu geben um die bestmögliche Fröhlichkeit zu finden. Wir müssen die verfügbare Fröhlichkeit in unseren Leben finden und genießen. Sonst können wir unglücklich sterben.

İstanbul, Turkei

2021

(Zeynep Albaraz Gençer ist Autorin und Metallurgie- und Material-Ingenieurin. Seit 2009 betreibt sie den Blog http://www.albaraz.com. Sie ist 37 Jahre alt, in Istanbul geboren und aufgewachsen.)

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